Die Geschichte von «Res und Bäbeli» Hintergrund/Background >>>Zurück zur Übersicht


Eine Zusammenfassung der Ereignisse von René Loosli

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AKTUELL: Geschichte «Res und Bäbeli» (Stand: 27.04.2007)
Hier ergeben sich neue Unklarheiten gegenüber der Original-Buchfassung:
1. Der Vater von Res hiess nicht Hans, sondern Andreas (*21.04.1797; +15.08.1866).
2. Was hingeben stimmen würde, ist, dass die Frau von Vater Andreas (Anna Maria Loosli-Heiniger, *17.01.1796, +28.09.1832) früh verstorben ist.
Jedoch: Der Grossvater von Res hiess Hans Jacob Loosli-Zaugg.
3. Die Frau von Res hiess nicht Annebäbi, Bäbeli (Anna Barbara), sondern Elisabeth Beer, gebürtig von Trub...
4. Die spätere Frau von Res, Elisabeth, wohnte wohl nicht bei ihren Eltern, sondern bei den Leuten auf Hohfuhren, Eriswil.
5. Die Heirat fand 1854 in Trachselwald statt; der älteste Sohn Johannes kam bereits vorher (1853) zur Welt (Trachselwald)?
6. Res starb 1901 in Zell (Nachbarort von Gettnau), seine Frau Bäbeli (Elisabeth) starb am 25.01.1893 in Gettnau. Die Mutter verstarb also vor dem Unfall von Sohn Fritz (siehe 7), nicht wie im Buch geschrieben nach dem Unfall.
7. Der Unfall von Sohn Fritz: Mit 26 Jahren wurde dieser beim Brunnenbau verschüttet, +18.01.1885).

AKTUELL: Nachfahren des nach Oregon ausgewanderten Jacob Loosli, Sohn des Res Loosli (Stand: März 2006)

Carol Seabrook, eine Nachfahrin von Al Losli (sohn des Jacob) schrieb:
 
Dear Rene,
I have been working on the Loosli Geneology and want to thank you for all the work you have done. ...I will keep in touch with you and let you know what I am doing. Harlan has been a great help to me. I was looking over some of the old e-mails and I noticed one from Christin Losli. Christin is my younger brother's daughter. My brother was 13 years younger than me. Christin is in college and is around 26 years old. I noticed some of the information was not accurate. My grandfather Albert Losli did have a brother Walter. He and his family lived in Aberdeen Washington. For some reason when we were children, we did not spend very much time with them. This is what I plan on doing in the future.
1. I am going to go to Aberdeen Washington and try and find what family members are still there.
2. I have a couple Great Aunt's still a life and I will get information from them.I am leaving next week and traveling to California for a couple weeks to spend with my grandchildren. This will all take some time. I will send you information in the future and will document the source. I will also send you some pictures (old and new). This might take me a couple months. I will stay in contact with you and forward new information. Again, Thank you for all the work you have done. We send you our best wishes, Carol

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Diese Geschichte wurde von Karl Loosli (einem Onkel von Armin Loosli) aufgeschrieben und von Hermann Schneider, beide aus
Burgdorf, zu einer Erzählung verarbeitet. Der Stil des Textes ist einem Gotthelf-Roman nachempfunden und vermittelt viel von der Atmosphäre der damaligen Lebensumstände. Für uns ist es ein Blick zurück in eine Vergangenheit, deren Traditionen und Wurzeln nochmals weiter zurückreichen.

Orte des

Ersiwil

Trachselwald

Gettnau

Gurnigelbad

Geschehens

Käppeli-, Gasshaus

Schloss, Gericht

Zanggerhaus

Wo Res die Zipperlein kurierte...

Bilder aus
Eriswil (Februar 2003)

Hintergrund
Weitere Hintergründe (Background) (Infos zu > Erbrecht)
Die Berner Bauern haben bis vor wenigen Jahren das alte Berner Erbrecht angewendet. Daraus gingen klare Rechte und Pflichten hervor. Die Eltern, vor allem aber die Väter hatten dafür zu sorgen, dass das Familiengut, das Land, der Hof zusammenblieb. Die Söhne und Töchter mussten solange zuhause mitarbeiten, bis sie auf einem anderen Hof einheiraten konnten. Dafür erhielten sie dann ihren Erbanteil oder eine Mitgift. Das eigene Heimetli (Bauernhof) wurde für den jüngsten Sohn reserviert. Dieser musste dafür den Eltern Wohnrecht geben und für sie aufkommen.

Damit wurde sichergestellt, dass das Familiengut beisammen blieb; also nicht, wie z.B. im Wallis, immer mehr zerstückelt wird. Dies ermöglichte vielen Berner Bauernsöhnen, in allen Gegenden der Schweiz stattliche Bauernhöfe zu erwerben.
Die Heirat war also immer auch ein Geschäft. Für die Söhne war entscheidend, als Schwiegersohn und späterer Meister auf einen stattlichen Hof zu kommen. Für die Töchter wurde nach einer Familie gesucht, die möglichst wohlhabend war und deshalb wenig Mitgift forderte.

Es war naheliegend, dass Viehhändler Informationsquelle, Übermittler von Botschaften und Unterhändler waren, um solche Heiratsgeschäfte in Gang zu bringen. Die Mütter haben die ersten Fäden gespannt und dabei auch darauf geschaut, dass auch Zuneigung im Spiel war. Zu Ende gebracht wurde die Sache jedoch von den Vätern. Ein Vertrag hielt den Ausgleich der beidseitigen Interessen fest. Dieser wurde schriftlich, wohl aber meist per Handschlag besiegelt.

Die Hügel rund um Eriswil sind stotzig, die Gräben eng und schattig. Die wenigsten Bauersleute waren wirklich wohlhabend. Landwirtschaft war schon damals ein hartes Geschäft. Der Käppelihof (zwei Kühe im Stall) gehörte sicher zu dieser Kategorie. Aus diesem Grund standen im Keller der meisten Häuser Webstühle. In Eriswil wurde Tuch und Garn aus Leinen hergestellt. Bis in die späte Nacht hinein flogen die Webschifflein hin und her. Die Kinder mussten dabei natürlich mithelfen. Tuchhändler (Fergger) haben die Ware dann in die Stadt gebracht.

Aus heutiger Sicht wirken die Verhaltensweisen von Res (sein Geiz, seine Geheimniskrämerei, wenn es um Geld ging, das Zur-Schau-Stellen seines Wohlstandes) zutiefst befremdlich. Ein solches Erbrecht hinterlässt jedoch Spuren, die nicht allein den individuellen Charaktereigenschaften zuzuschreiben sind. Väter hatten die Pflicht, den Reichtum der Familie beisammen zu halten.

Wie Res mit seiner Frau umging, ist für uns schockierend. Der Schlüssel zum Brotschrank blieb damals im Hosensack des Mannes. Und der Vater war überall das allmächtige Familienoberhaupt. Sein übertriebener Geiz, der Jähzorn und der gewalttätige Umgang mit den Kinder (und wohl auch mit der Frau) hatte jedoch nicht mit historischen Wurzeln zu tun. Ebenso wenig sein Glaube, etwas Besonderes zu sein. Und noch weniger seine Sauferei. Unter all dem hat die ganze Familie viel gelitten.

Res war ein Mann mit vielen Talenten. Sein Eigensinn und seine Hartnäckigkeit hat ihm beim Aufbau seines Tuchhandels geholfen. Sein rebellischer Zug, es den Städtern zu zeigen, hatte durchaus etwas Gutes und stiess wohl bei vielen Bauern auf Anklang. Nur hatte er übertrieben! Nicht nur, dass er die Städter betrog. Nein, auch die kleinen Leute, die ihm den Stoff geliefert haben, hat er übers Ohr gehauen. Vor Gericht wurde Res wegen mehrfachen Gewichtsbetrugs angeklagt. Was an ihm hängen blieb, war sein Betrugsversuch gegenüber einem Städter. Darum hatte Res keine Freunde mehr in Eriswil, zog danach Gettnau.

Und, was sich im Haus, der Familie abgespielt hatte, gehörte nicht an die Öffentlichkeit. Im Dorf wusste man sicher von einigen Dramen, eingemischt hat man sich aber nie (Mit einer Ausnahme: Einmal lag ein Essenspaket vor der Türe des Gasshus, aus Mitleid, weil die Familie nichts rechtes zu essen bekam). Allein der Pfarrer hatte das Recht, am Sonntag mahnende Worte an die Gemeinde zu richten. Bäbeli hat sich an diese Regel gehalten, hat ausgehalten, was eigentlich gar nicht zum Aushalten war. Für ihre Kinder war sie deshalb keine einfache Mutter. Sie schwieg, nahm Res sogar in Schutz. Und sie schaffte es nicht, Res in den Arm zu fahren, wenn er die Kinder windelweich schlug (so hat er zwei seiner Söhne verprügelt, um vor Gericht die Ausrede zu haben, seine Kinder hätten die Gewichte manipuliert). Bäbeli sah das Leid in der Familie, hatte aber ihre Gefühle in sich eingeschlossen, konnte und durfte nicht reagieren.

Der Sohn Ueli sticht aus der Geschichte als stiller Held hervor. Er bot dem Vater die Stirn. Ohne Worte, aber mit der Axt in der Hand: So, jetzt reicht es! Und dieser ist dann geknickt abgeschlichen. Er besuchte seinen Vater am Sterbebett, obwohl dieser ihm vieles Böses angetan hatte. Er konnte ihm nicht verzeihen, da Res der Gleiche blieb. Aber er hatte Mitleid mit der Kreatur, die er in der dreckigen und stickigen Kammer vorfand. Beim Abschied wollte er dem Vater noch die Hand reichen, doch in dieser Hand war kein Leben mehr...

Der nachfolgende Zusammenfassung hält sich an die Ereignisse, wie sie im Buch beschrieben werden.
Um die Lesbarkeit und Vergleichbarkeit mit dem Originaltext zu erleichtern, verwende ich die Namen des Buches.


Die Geschichte von «Res und Bäbeli»


Res (Andreas Loosli) , *28.03.1819,
+17.12.1901
von Eriswil, Sohn des Andreas Jacob Loosli-Heiniger(*1797)

Bäbeli, *29.12.1833, +25.01.1893,
Elisabeth Loosli-Beer, von Trub,
mit den Kindern (Wahrscheinlich Rudolf, Karoline und Emma)
Falsch im Buch: Anna Barbara Sägesser von Bannwil.


Im Buch wird fälschlicherweise als Vater von Res Hans Loosli-Haslebacher (Linie 4) erwähnt.
Daher kommt wohl auch die falsche Annahme, dass die Frau von Res Bäbeli hiess. Anna Barbara Loosli-Sägesser, Bannwil, war jedoch die erste Frau von Hans Loosli-Haslebacher.
Einer der Söhne hies auch Andreas. Vielleicht nannte sich die Frau von Res also nicht Bäbeli sondern Bethli...


Res will eine Familie gründen und sucht sich eine Frau...
Gross war er nicht, der Res. Gar manchem reichte er nur bis zu den Schultern. Aber er war kräftig und zäh. Res hat ein Auge auf Bäbeli (Im Buch: Anna Barbara, geborene Sägesser. Richtig ist Elisabeth, geborene Beer, Vater: Johann Binz, Mutter: Anna Binz) geworfen, die auf der Hohfuhren, einem stattlich Gehöft aus vier (heute drei) Bauernhäusern lebte. Der bärtige Hohfuhrenbauer (im Text: Stucker?) war nicht dagegen, Bäbeli dem Res zur Frau zu geben.

Aufgrund der ersten Nachforschungen an Ort (anfangs März 2003) habe ich zuerst die Hohfuhren in Huttwil (Familie Leuenberger) als Herkunfsthaus von Bäbeli identifiziert. Eine zweite Recherche am 28.03.2003 ergab jedoch, dass Hohfuhren in Eriswil (Heutiger Besitzer des Haupthauses:
Paul Eggimann) richtig ist.
Aus dem Buch geht hervor, dass der alte Hohfuhrenbauer alleinstehend war. Die Mutter von Bäbeli schien früh gestorben zu sein. Aufgrund der Erzählung von Andres Leuenberger (Hohfuhren, Huttwil) wurden auf den grossen Bauernhöfen oft Kinder aus anderen (armen) Familien aufgenommen. Dies könnte auch für Elisbaeth Beer zutreffen, sie könnte auch ein solches "Verdingkind" gewesen sein. Darum habe ich hier die Geschichte geändert.
(Stand: 29. März 2003)

Hohfuhren, Eriswil,
wo Bäbeli wohnte. Möglicherweise war Bäbeli ein Verding- oder Waisenkind.


Bilder: 28.03.2003

Oben: Haupthaus Hohfuhren. Das Haus oberhalb des Kellergeschosses wurde aber 18XX vollständig erneuert. Heutiger Besitzer: Paul Eggimann
Inschrift oberhalb der Kellertüre:
Jörg-Ludwig Heiniger-Weibel / Barbara Schmid /1786


Auf Bäbeli hatte auch noch Hannes (möglichweise auch ein Loosli), wohnhaft im Speckhüsli, ein Auge geworfen. Bäbeli schien nicht abgeneigt, seinen Werbungen nachzugeben. Der Res vom Käppelihus in Eriswil überging Bäbeli und wandte sich direkt an den Hohfuhrenbauern. In der guten Stube wurde der Handel abgeschlossen. Der Bauer versprach Bäbeli dem Res zur Frau.

Speckhüsli, Wohnort von Hannes (möglicherweise auch ein Loosli)... Hier soll später ein Andreas Loosli gewohnt haben (ca. 1920 aus Eriswil weggezogen, aus ähnlichen Gründen wie Res).

Dies hat mir Frau Heiniger (rechts), Eriswil, im Februar 2003 erzählt.



Mit dieser Gewissheit suchte er nach Bäbeli und fand sie zusammen mit der Freundin Marie (die spätere Patin von Sohn Hans) hinter der Scheune des Hohfuhrenhofes auf einer Anhöhe (Text: Beim Grünbirnbaum, wo man Eriswil in der Abenddämmerung schauen konnte).
Heute: Aussichtspunkt beim Aeschigrüebli, 150 m oberhalb des Hohfuhrenhofes
.

Bäbeli zeigte ihm jedoch die kalte Schulter und meinte: Wir passen nicht zusammen! Dann zogen sie und Marie zur Dorfjugend auf die Anhöhe des Segelwäldlis, die sich dort zum gemeinsamen Gesang getroffen hatte.

Das Segelwäldli auf der gegenüberliegenden Anhöhe (Baumgruppe Mitte)

Res war sauer, kehrte zurück zum Hohfuhrernbauern. Dieser willigte ein, dass Res in der Kammer von Bäbeli warten könne. Voll Entsetzen sah Bäbeli den ungebetenen Gast in ihrer Kammer. Sie wollte ihn rauswerfen, hörte aber von unten den Bauern rufen: Mach keine Geschichten, Bäbeli! Was dann geschah, lässt sich aus dem Text schwer herauslesen. Auf jeden Fall: Der erste Sohn, Johannes, *14.11.1853, ist vor der Hochzeit (19.08.1854) auf die Welt gekommen.


Bäbeli wird zum Traualtar geführt und lernt den Res besser kennen...
Am Hochzeitstag war mieses Wetter. Sturm und Regen zog durchs Tal. Der Pfarrer machte scheinbar keinen Hehl daraus, dass er schon wüsste, wie dieser Bräutigam zu seiner Braut gekommen sei. Und der Hohfuhrenbauer hätte ein Gesicht wie ein beim Unrecht erwischter Hund gemacht, als er Bäbeli, still und bleich, hinter dem angetrunkenen Res vom Tisch der Hochzeitsgesellschaft verschwinden sah.
Schon nach einigen Wochen Ehe hatte Bäbeli die Sache beisammen: Res lief einem einzigen Ziel nach. Er wollte reich werden! Weil im Keller schon Webstühle standen, begann er einen Handel mit Leinengarn und Stoffen. Und dies tat er mit Geschick, Schlauheit und Ausdauer. Das Geschäft lief gut und am Sonntag, nach dem Kirchgang, habe Res jeweils, allein am Stubentisch, seine Einkünfte ausgebreitet, gezählt und die Angaben in ein Büchlein eingetragen. Anschliessend wurd die Kassette wieder an einem für alle geheimen Ort versteckt (Text: Aufbewahrt wurd der Reichtum in einer roh gezimmerten eichenen Kastette, ein Erbstück von Res' Grossmutter. Auf den Deckel seien ein paar Blümlein und zwei Buchstaben geschnitzt gewesen. Ein grosses Schloss, in kunstgerechter Handwerksarbeit, sicherte den Inhalt).
Der Kirchgang war eine besondere Inszenierung: Zum einen glaubte Res wirklich (hier ist das gotthelfische angebracht) gottgefällig zu sein, sass immer in den vorderen Reihen. Andererseits schien er die Predigt dafür benutzt zu haben, während der Woche mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Er wollte einen seriösen Eindruck zu erwecken...


Bäbeli bekommt ihr erstes Kind und Res veranstaltet ein grosses Tauffest...
Bäbeli gebar ihr erstes Kind, den Sohn Hans. Die Idee, den Hannes zum Götti (Paten) zu nehmen wurde von Res resolut abgelehnt. Bei der Wahl der Gotte (Patin) gab Bäbeli jedoch nicht nach. Und so muss Res zwei Wochen vor der Taufe den Weg zur Marie auf der Hohfuhren unter die Füsse nehmen. Wiederwillig und kurz angebunden brachte er sein Anliegen vor. Marie liess ihn etwas zappeln, sagte jedoch Bäbeli zuliebe zu. Bei der Taufe wurde gross angerichtet. Res wollte zeigen, dass er sich nicht lumpen lässt. In seinem Geiz konnte er es aber nicht lassen, billigen «Spanier» unter den guten Rotwein zu mischen.


Res macht gute Geschäfte, die Familie aber nagt am Hungertuch...
Als Tuchhändler war Res oft auf Reise. Als Türöffner trug er oft religiöse «Traktätlein» mit; so hatte er es leichter, ins Geschäft zu kommen. Nach aussen gab er sich wohlhabend, aber nicht zu sehr, um den Neid der andern nicht zu wecken. Im eigenen Hause, gegenüber seiner Frau, war er geizig. Der Schlüssel zum Brotschrank blieb bei ihm. Zuhause gab es fast nur geschwellte Kartoffeln. Für Fett oder Butter, ja sogar ein Ei rückte Res kein Haushaltungsgeld heraus. Bäbeli und der Vater von Res (noch immer wohnte die Familie im Vaterhaus von Res) mussten schmal durch, ja eigentlich am Hungertuch genagt. Die Weberei wurde von Bäbeli verrichtet, die bis in die frühen Morgenstunden am Webstuhl sass.


Res trifft sich mit einem üblen Gesellen und Bäbeli hat eine schwere Nacht...
Res wohnt aber immer noch im Käppelihus bei seinem Vater. Öfters kam dann ein Christen aus dem Hinterdorf zu Besuch Dann rauchten in der guten Stube die Köpfe und der Tabak. Die beiden schienen etwas auszuhecken. Bäbeli machte sich Sorgen. Dieser Christen hatte weitherum keinen guten Ruf. Er tätigte Vermittlergeschäfte, verschacherte Kühe, aber auch Meitschi (junge Frauen, die auf dem Heiratsmarkt feilgeboten wurden) sowie Häuser und Land. Etliche Leute seien von Christen betrogen worden. Bäbeli versuchte darum ihre Hausarbeit so einzurichten, damit sie etwas vom Gespräch der beiden mitbekam. Nach dem dritten Besuch von Christen schien der Handel perfekt. In der Wirtschaft wurde der Geschäftsabschluss eifrig begossen. Zu später Stunde soll Res dann angetrunken heimgekehrt sein, und Bäbeli hätte eine schwere Nacht gehabt.


Res will seinen Lohn und setzt seinen Willen durch...
Im Stall rückte Res dann heraus und sagte zum Vater: «Welche der beiden Kühe soll ich mitnehmen, wenn ich zügle (umziehe)? Ich denke Bless (Kuhname). Ich ziehe ins Gasshus. Das habe ich gekauft.» (Text: Ein bescheidenes Anwesen. Das Gasshaus war jedoch weitaus stattlicher als das Vaterhaus «Käppelihaus)
Lange herrschte Schweigen. Dann sagte der Alte: «Das wirst Du mir wohl nicht antun. Das Käppelihus gehört ja einmal Dir. Ich weiss, dass hohe Schulden (Gülten) darauf liegen. Aber es ist unser Heimetli (Familien- oder Heimathaus). Und die gute Kuh Bless darfst Du nicht nehmen. Sonst bleibt mir nur die andere, und diese kränkelt. Wovon soll ich dann leben? Und überhaupt, beide Kühe gehören ja mir und niemand darf sie mir wegnehmen.» Res meinte aber: «Was ich mir mitnehme, habe ich durch meine Arbeit abverdient. Die gute Kuh nehme ich, und zwei Geissen (Ziegen) dazu. Umsonst ist nur der Tod!» Hilflos und voller Kummer konnte der alte Mann nur noch stammeln: «Darauf liegt ein Fluch, Res!».

Käppelihaus, Eriswil (Das Vaterhaus von Andreas Loosli, Andreas Jacob Loosli-Heiniger(*1797, +1866),
Unterhald des Gasthofes «Kloster», Eriswil. Heutige Besitzer: Hanspeter und Manuela Meer, Hintergasse 110



Das Gasshaus, Hinterdorf, Eriswil (ca. 300 Meter vom Käppelihus entfernt, oberhalb des Gasthofes «Kloster», bergauf Richtung Ahorn.
Laut Auskunft von Frau Elisabeth Röthlisberger-Loosli. Heutiger Besitzer: Roland Fiechter, Fahrlehrer, Eriswil.
Etwa 1950 wurde das Haus von Vater Hans Fiechter gekauft (Verkäufer: Familie Lanz). Er betrieb dort einen Spezereiladen (wahrscheinlich im alten Tuchkontor). Dieser Laden existiert aber heute nicht mehr.
(Laut Information von Frau Bethli Röthlisberger-Loosli, Geisshof, Eriswil. Besten Dank!)



Res bricht mit seinem Vater und ein stiller Freund lässt den Käppelihofbauern nicht im Stich...
Das Gasshus in Eriswil liegt nur wenige hundert Meter (Text) vom Käppelihaus entfernt. Bezahlt hat Res das Haus mit Bäbelis Mitglift und selbst Verdientem(?). Verkäufer/Vermittler des Hauses war wohl dieser Christen. Bäbeli bringt ihr zweites Kind (Jakob?) zur Welt. Als sie wieder bei Kräften war, wurde ins Gasshaus gezügelt. Die Kuh und die Geissen standen nun im kleinen Stall des Gasshus. Vater und Sohn haben wenig Worte gewechselt. Bäbeli war in Sorge, gegen Res hatte sie jedoch keine Chance und fügte sich ins Schicksal. Res vorbot ihr, den alten Käppelihofbauern zu besuchen. Ihre Sorgen wären weniger gewesen, wenn sie gewusst hätte, dass der Hannes aus dem Speckhüsli für den Vater sorgte. Er versorgte ihn mit Eiern, Speck, Butter, Brot und Käse. Vielleicht war dies sein indirekter Liebesdienst für Bäbeli, die er anscheinend immer noch verehrte.
Siehe auch: Das Leben des Käppelihof-Bauern geht zu Ende und Res kehrt aus dem Miltär zurück.


Res trifft noble Kaufherren und Bäbeli arbeitet bis zur Erschöpfung...
Bis nach Solothurn baute Res nun seinen Handelsbeziehungen aus. Noble Kaufleute nahmen ihm ganze Stösse von Stoffballen ab. Sie feilschten nicht lange und verloren auch nicht den halben Tag damit, die Ballen nachzuwägen. Zwischen ihm, der schon ansehnliches Vermögen besass, und diesen Städtern bestand trotzdem eine Kluft. Es war nicht nur das Geld. Er verkehrte mit allen, auch mit hohen Herren, per Du. Diese nahmen ihn gleichwohl nicht ganz ernst. Und so sann er: Wie kann ich die Stadtherren dazu bringen, sein «Du» nicht nur zu überhören, sondern als Ehre anzunehmen?
Bäbeli verbrachte ganze Nächte damit, Nachschub an Tuch und Garn zu liefern. Auch dann, wenn sie aufgrund der Geburten (Kinder laut Buch: Hans, Jakob, Anna Barbara, Elisabeth, Verena, Andreas, Ulrich) oft geschwächt war - ja einmal sank Bäbeli sogar im Webkeller ohnmächtig zu Boden. Erst dann bat Res die Gotte Marie (nach der Heirat auf der Leimatt?) um Hilfe. Und es könnte durchaus sein, dass Bäbeli manchmal daran gedacht hatte, diesem Leben ein Ende zu machen...


Die hohen Herren kommen nun zu Res nach Eriswil...
Mittlerweile kennt man den Res weitherum, auch in den Kontoren (Büros) der Stoffeinkäufer in Bern. Er könnte nun noch viel mehr Stoff verkaufen. Res animiert die Bauern, Frau und Kinder doch auch tagsüber am Webstuhl arbeiten zu lassen. Dies bringe mehr Einkommen als die Felder. Der Pfarrer warnte zwar die Leute, ihr Land zu vernachlässigen. Der schnelle Reichtum wäre trügerisch, es könne auch wieder Hunger und Krieg kommen. Dann wäre man froh, wenn die Felder noch etwas hergäben.
Res musste nun weniger auf Reise. Mittlerweile kamen die noblen Städter ins Gasshaus nach Eriswil. Die grosse Stube wurde als Garn- und Stofflager umgebaut, darin ein grosser Tisch mit eingebrannten Massen und darauf eine grosse Waage. Der Handel war jeweils rasch abgeschlossen. Res benahm sich wie ein nobler Herr. Wenn Kunden reklamierten, beim Nachwägen zuhause hätte das Gewicht nicht gestimmt, so winkte er mürrisch ab. Bei diesem Preis solle man nicht kleinlich sein, zudem habe er die selbe Waage wie die Städter.
Res sass oft im Gasthaus. Dort sonnte er sich im Glanz der für ihn abfiel, weil die hohen Herren nun ihn aufsuchten. Der Bänz von der Grünmatt meinte zwar, indem er mit der Faust auf den Tisch schlug: «Dies ist doch nicht normal, wie man diese Städter anhimmelt!». Kari vom Bähnihus brummte jedoch: «Das sei schon recht! Wir Bauern gelten nun auch etwas!» Solche für ihn positiven Reden belohnte Res dann mit einem Schnaps oder einem Glas Wein. Die meisten Bauern waren ob dieses Gehabens nicht beeindruckt. Res gab sich darum im Dorf bewusst bescheiden und bodenständig. Vor allem, wenn es um seine Familie ging. Die Söhne trugen sackartige Gewänder und auch die Mädchen waren dürftig gekleidet. Die Haare der Knaben schnitt Res selbst, mit der Tuchschere. Nicht besonders sorgfältig; die Knaben litten unter dem Gespött der Dorfjugend.



Das Dorf regt sich und vor dem Gasshaus liegt ein Essenspaket für die Kinder...
Der Geiz von Res blieb den Dorfbewohnern nicht verborgen. Eines Tage lag ein Esspaket vor der Türe des Gasshus mit einem Zettel, worauf stand: «Für arme Kinder, die am Geiz ihres Vaters verhungern». Weder Bäbeli noch die Kinder bekamen das Esspaket je zu sehen. Wütend sei er vor dem Gottesdienst, entgegen seiner Gewohnheit, ins Feld gestapft und habe das Päcklein vergraben. Nicht ohne sich vorher mit dem Besten vollgestopft zu haben. Der Pfarrer sei schon auf der Kanzel gestanden, als Res, etwas später als Bäbeli, die Kirche betreten hätte. Res liess sich aber nichts anmerken und auch Bäbelis Stolz verhinderte, dass die Wahrheit ans Licht kam. Was im Haus drin passiert ist unsere Sache, geht niemanden etwas an...


Wie das Grossmaul Res übertrieb und in seinem Übermut die gestellte Falle nicht erkannte...
Es hatte sich weitherum gesprochen, in Eriswil gäbe es einen schrulligen und mürrischer Fergger (Tuchhändler), der gute Ware zu günstigen Preisen verkaufe. Res verbarg, dass er damit gleichwohl blendende Geschäfte machte! An einem Freitag hielt wieder so ein feiner Herr aus Bern mit Ross (Pferd) und Wagen vor dem Gasshus. «Was willst Du?», begrüsste Res den unbekannten Kunden. Dieser lächelte etwas verlegen, sagte aber nichts. Res dachte: So, diesen Stadtburschen habe ich im Griff, ich werde es schon richten. Im Stofflager legte er ihm die Stoffballen auf den Tisch. Als Res die Waage hervorholte, meinte der Herr jedoch, er wolle den Stoff nach Mass kaufen, nicht nach Gewicht. Res entgegnete, beim ihm werde nach Gewicht gekauft und daran wolle er nichts ändern.
Der Kunde willigte ein. Res dachte: Der hat keine Ahnung, wie das Geschäft läuft. Beim Abwägen der Stoffe griff er in die hintere Reihe der Gewichtssteine. Dies entgegen seiner Gewohnheit, diese Steine erst nach dem zweiten, dritten Handel einzusetzen. Er machte sich keine Sorgen, als der Kunde die Stoffe in die Hand nahm und die Stoffgewichte nachprüfen wollte. Dachte nur: Diese altmodische Art hat er wohl so gelernt oder er will mich damit einschüchtern. Er übersah, dass der Kunde, je mehr Steine er auflegte, ein immer längeres Gesicht machte. Und plötzlich nahm dieser Res ein Gewicht aus der Hand und ein weiteres von der Waage, drehte sich ohne Worte um, schritt aus der Tür, stieg auf den Bock seines Wagens. Als Res aus der Tür trat, um ihm Beschimpfungen nachzurufen, war er schon verschwunden. Dann besann er sich: Es ist wohl besser, zu schweigen. Am nächsten Tag war Res wieder ganz der alte.


Res bekommt Besuch vom Landjäger (Polizei)...
Am Nachmittag stand der Landjäger vor der Tür. Er war etwas verlegen. Seine Frau verkaufte ihr Gewobenes auch an Res. Er druckste herum, sagte aber schlussendlich: «Res, Du musst mitkommen!» Er meinte zwar, dies sei wohl nur falscher Verdacht, den einer aus der Stadt in die Welt gesetzt habe. Ihm würde vorgeworfen, dass er mit falschen Gewichten hantiere. Im Gemeindehaus lag ein Protokoll auf dem Tisch, drauf die beiden Gewichtssteine. Der Gemeindeschreiber meinte: «Jetzt siehst Du, welche Freunde Du in der Stadt hast. Dein Kunde ist kein Unbekannter und hat einiges auf dem Kerbholz. Wir müssen diese Sachen nach Trachselwald zum Gericht schicken». Jetzt könnte es eng werden, dachte sich Res. Verzweifelt suchte er die Behördenmitglieder von Eriswil auf seine Seite zu ziehen. Doch überall rannte er an. Entweder waren die Leute auf dem Feld, auf Reise, einfach nicht erreichbar!


Res wird verhaftet und des Betrugs angeklagt...
Nach einer Woche wurde Res vom Landjäger verhaftet und nach Trachselwald gebracht. Er gab sich grosspurig und beteuerte, dass seine Gewichte schon genau seien. Der Herr habe wohl auf dem Weg zum Gemeindehaus Schrottkörner aus den Gewichten genommen. Bei der Nachkontrolle hätten schliesslich alle Gewichte gestimmt. Der Kaufherr beeidete jedoch seine Aussage und damit war dieser Winkelzug wirkungslos. Selbstsicher lächelnd legte Res ein neues Argument auf den Tisch: Seine Kinder hätten wohl mit den Gewichten gespielt und dabei, ohne sein Wissen, Schrottkugeln entfernt. Die gerechte Strafe dafür hätten sie schon bekommen (Vorsorglich hatte er vorher zwei seiner Buben fürchterlich verdroschen, um diese Ausrede zu untermauern). Die Anklage glaubte ihm jedoch nicht. Vielmehr kehrte sie den Spiess um: Damit hätte er zugegeben, falsche Gewichte gebraucht zu haben.

Schloss Trachselwald: Bergfried und Palas um 1200, Treppenturm (1641), Gefängnisbauten (16.-18.Jh.)
Sitz der Obrigkeit, Gericht und Gefängnis (Info: Täufer, Jakob Habegger, 1567-1629), Photo: Reto Beeler



Res steht vor Gericht (Trachselwald, Huttwil) und alle machen nun die hohle Hand...
Vor Gericht tauchten immer mehr Leute auf und behaupteten von Res betrogen worden zu sein; sie wollten ihr Geld zurück. Die kleinen Tuchweber, für die jeder Batzen viel wert war. Die Schlauen und Neider, die dachten, der Res muss erst mal das Gegenteil beweisen. Für die Richter sei die Verhandlung eine nervenaufreibende Sache gewesen. Zum einen mussten sie den vielen Vorwürfen nachgehen, Beweise verlangen. Dann mussten sie den echt oder vermeintlich Geschädigten erklären, ohne klare Beweise sei hier nichts zu machen. Damit schlug die Stimmung vollends um: Aufgestauter Zorn, Neid und was sonst noch für Gefühle vorhanden waren, schlugen über Res zusammen. Die Vorwürfe wurden immer wilder. Das halbe Dorf war versammelt und erhob erregt und wütend Anklage um Anklage. Die Richter hätten alle Mühe gehabt, die Verhandlung in vernünftigen Bahnen zu halten.


Das Gerichtsurteil: Res öffnet seine Geldbörse und zahlt die Busse...
Vor Gericht war Res nicht einsichtig, stellte zuerst alles in Abrede. Dann erfand er alle möglichen Ausflüchte. Zuletzt musste er jedoch mit bleichem Gesicht erkennen, dass er gegen die «Studierten» und ihre rechtlichen Argumente keine Chance hatte. Der Betrugsversuch an diesem Städter blieb an ihm hängen. Sein Hochmut trieb in noch zu einer letzten Handlung. Bedächtig nahm er seine Geldbörse aus dem Hosensack und zählte den Richtern jede einzelne Münze auf den Tisch, bis es für die verhängte Busse reichte. Für die Leute aus dem Dorf war dies «Kühlmittel» für die erhitzten Gemüter. Sie zogen halbwegs befriedigt ab. In den Eriswiler Gasthäusern drehte sich das Gespräch wohl noch manche Tage darum, wie man den Res zurechtgestutzt habe.
Ich werde versuchen, die Gerichtsakten dieses Prozesses zu bekommen. Umso mehr, also diese Geschichte das halbe Dorf Eriswil in Aufregung versetzt hatte (René Loosli).


Die Konkurrenz schläft nicht und erobert die neue Marktnische...
Der Ruf von Res als Tuchhändler war ruiniert. Andere sprangen sofort in die Marktlücke. Da war der Ueli vom Chrüzhus, der mit seinem bleichen Vogelgesicht (Text) von Tür zu Tür wanderte. Immer trug er ein Bild mit, das Bild seines ehemaligen Konkurrenten Res. Manche Tür sei damit aufgegangen, die vorher verschlossen war. Mit im Geschäft war auch die Marei vom Stalden. Und beide waren grosszügig, gaben meist etwas Stoff dazu oder liessen mit sich über den Preis reden. Das Geschäft musste gemacht werden, bevor sich Res von seinem Niederschlag erholte.
Res hatte sich verändert. In der Familie trat er nicht mehr so herrisch auf. Stundenlang sass er allein in der Stube und las in der Bibel. Seine Erkenntnisse gab er vor versammelter Kinderschar weiter. Laut las er dann einen Bibelvers und die Kinder mussten diesen, auf den Ofenbänkli sitzend, laut und innig wiederholen, bis ihnen fast die Augen zufielen. Bäbeli machte sich grosse Sorgen! Um ihre Kinder und auch um Res. Doch sie konnte kein Wort sagen. Ihr Mann machte ihr Angst.


Res gibt nicht auf und hat wieder grosse Pläne, doch plötzlich machte der Krieg einen Strich durch die Rechnung...
Eines Abend sagte Res zu Bäbeli: «Wir müssen fort! Über dem Gasshus liegt ein Ugfell (Unglück, Fluch). ich bin noch immer reich, habe mehr in der Geldkassette, als die Leute meinen. Sollen sich doch der Ueli und die Marei um die mageren Töpfe im Tuchhandel hier streiten. Ich habe Grösseres vor! Diese Niederlage hat der Herrgott geschickt, damit ich grösser und stärker daraus hervortrete!» Voller Elan erzählte er von seinen Plänen, dass Gasshus zu verkaufen und ins Luzernische (Kanton) zu ziehen. Ein Haus hatte er schon ein Haus im Blick: Das Zanggerhus an der Luthern in Gettnau.
An der Grenze tobte der deutsch-französischen Krieges (1870/1871), Res musste ins Militär. Dies kam ihm sehr ungelegen. Aus Angst, dass der Krieg auch auf die Schweiz übergreifen könnte, ergriff er Vorsichtsmassnahmen. Die Geldkassette vergrub er an einem geheimen Ort. Sein eigenes Geld trug er in einer Schweinsblase mit sich. Auch Bäbeli liesse er etwas zurück. Und zum ersten Mal übergab er Bäbeli den Schlüssel zum Brotschrank. Dann verabschiedete er sich, ergriff seinen Tornister und zog Richtung Jura davon.
Wenn Res nicht zurückgekommen wäre, läge wohl heute noch ein vergrabener Schatz in Eriswil.


Das Leben des Käppelihof-Bauern geht zu Ende und Res kehrt aus dem Miltär zurück
Der alte Bauer vom Käppelihof lag schon seit Monaten im Bett. Er war beim Kirschernpflücken von der Leiter gestürzt und hatte schwere innere Verletzungen erlitten. Gepflegt wurde er von einer Tochter, die aber wenig Engagement zeigte. Im Frühjahr 1871 wurde vom Pfarrer das Ableben des Bauern verkündet. Viel konnte er seiner Nachwelt nicht mehr hinterlassen. Das Geld war aufgebraucht worden für Heiratsgut und zum Schluss für Pflege und den Doktor.
Res kehrte aus dem Militär zurück (zuerst hat er wohl seine Geldkasette ausgegraben). Er merkte aber bald, dass die Leute im Dorf die alten Geschichten nicht vergessen konnten.
Der Vater von Res ist laut den Registerdaten am 18.05.1866 verstorben, mit 69 Jahren. Im Text steht aber, dass der Hohfuhrenbauer verunglückt sei. Wohl eine Verwechslung. Ich habe diesen Teil verändert! Dann würde es auch Sinn machen, dass der Bauer als einziges Erbe dem Hannes vom Speckhüsli eine Kuh und einige weitere Habseligkeiten vermache konnte. Res hatte dieses Testament angefochten, erfolglos (allenfalls sind noch Gerichtsakten zu finden). Was mit dem Haus geschah, auf dem hohe Schulden lagen, ist nicht klar...



Der Auszug aus Eriswil...
Das Gasshaus wurde verkauft, noch bevor der Kauf des Zanggerhauses geregelt war. Doch Res wurde mit dem Verkäufer Kneubühler handelseinig und erwarb das stattliche Haus an der Luthern (Gettnau). Gemäss Text hatte er dafür folgende Gülten (Lasten) zu übernehmen: Korn an zwei Pfarrkirchen, Grosszehnten ans Kloster Einsiedeln, Kleinzehnten an den Gemeindepfarrer, den Hofstattzins, einen Beitrag an den Unterhalt der Landstrasse sowie die üblichen Abgaben und Steuern an die Gemeinde.
Der Abschied von Eriswil im Herbst 1873 war nicht glorios. Für den Umzug kaufte Res einen neuen Leiterwagen. Mit diesem hochaufgetürmt beladenen Wagen und bei strömenden Regen zog die Karawane, Res und Frau, Kinder, zwei Kühe und zwei Geissen aus dem Dorf, Richtung Huttwil und dann Richtung Willisau, Gettnau zu. Und in Erinnerung blieb Res das Kindersprüchlein, das er zufällig einmal aufgeschnappt hatte: «Es isch e Ma im Hinterdorf, mit Name heisst er Res. Er chlopfet sini Chinder gärn, u git ne Schleg statt Chäs.»

Auskunft des Staatsarchivs Luzern, Anton Goessi (Besten Dank!)
- Kauf des Zanggerhauses durch Andreas Loosli: 1873 März 18 (ZG 2/3, S. 71ff.) *Laut Aussage von Isidor Dubach (heutiger Besitzer des Zanggerhauses) hiess einer der Vorbesitzer Kneubühler. René Loosli und Romy Meier haben ihr Haus auch von einer Kneubühler-Familie gekauft.

Das Zanggerhaus in Gettnau, möglicherweise (aufgrund der Lasten möglicherweise ursprünglich im kirchlichen Besitz)...

Der Blick in den Stall von Isidor Dubach, heutiger besitzer des Zanggerhauses (Fahrbergstr. 1, Gettnau)



Ein Berner im Luzerner Land hat es schwer...
Das Tuchgeschäft lief nicht. Als protestantischer Berner unter den katholischen Luzernern begegnete Res viel Misstrauen. Er nahm er sein letztes Geld, kaufte sich vier Kühe, einen Muni (Stier) und wurde wieder Bauer. Er wollte den Luzernern zeigen, was eine richtiger Berner Bauer sei. Darum trug er seine Milch so weit er konnte, um noch einen besseren Preis zu bekommen. Res wurde nun noch Sammler, Alteisensammler. Er nahm alles heim, bis zum rostigen Nagel. Und daraus entwickelten sich die abwegigsten Geschäftlein. Aber, die Luzernen möchten einen Berner nicht, kamen ihm nicht einmal bei einem Hochwasser der Luthern zu Hilfe. Darum musste er seine Kühe allein auf die Matte beim Wald treiben (siehe Bilder Zanggerhaus).


Wie der Res im Gurnigelbad seine Zipperlein kurierte und ein zweites Mal eine Frau «kaufen» wollte...
Beim Bauern legte der Res kaum noch Hand an, kommandierte lieber herum und liess seine Söhne arbeiten. Bäbeli nahm ihn dabei gegen seine Söhne in Schutz. Die langen Märsche zu den Kunden hätten halt ihre Spuren hinterlassen. Der Res sei nicht mehr der alte.
Eines Tages hiess Res seine Frau, ihm seine Bastkoffer zu packen, er wolle ins Gurnigelbad reisen, um für seine Knochen etwas Gutes zu tun. Dort angekommen, wurde er in seinem Ansinnen bestärkt. Alles Gerede dieser vornehmen Damen und Herren aus der Stadt drehte sich um Bräschten (kleine Leiden) und Gsüchti (chronische gewordene Leiden), und wie es ihnen gut tun würde, regelmässig hierher zu reisen.
Hier bekam auch wieder einen Blick für all die adretten Frauen, die dort in der Landschaft um das Gurnigelbad spazierten. Gerade vor ihm ging ein solch adrettes Frauenzimmer, zusammen mit der Mutter. Ohne dass er recht wusste, was er tat, pflückte er ein paar Blumen am Wegrand, beschleunigte seinen Schritt und hatte die beiden Frauen eingeholt. Etwas verlegen, aber nicht ohne Selbstsicherheit, reichte er der jungen Frau sein Sträusslein. Den kritischen Blick der Mutter musste er aushalten. Als diese jedoch sah, aus welch feinem Tuch sein Gewand war, nickte auch sie freundlich. In den nächsten Tagen wich der Res kaum von den beiden Frauen, nahm Dinge auf sich, die er vorher nie getan hätte. Er trank Wasser, obwohl er sonst seine Kehle vor allem mit Waadtländer (Schweizer Weisswein) verwöhnte. Der sonst mürrische Mann parlierte recht charmant und wusste Geschichte um Geschichte zu erzählen. Sein Redefluss über seine Heldentaten (auch die aus dem Militärdienst gehörten dazu) nahm kein Ende. Und abends im Bett merkte er, dass sein Herz bis zum Halse schlug...
Langsam versiegte sein Geschichtenvorrat, er musste sich etwas Neues einfallen lassen. Bäbeli erhielt Nachricht, einen grossen Ballen Leinentuch zu schicken, auch hier oben seien Geschäfte zu machen. Dieser traf ein paar Tage später gut verpackt auf dem Gurnigelbad ein.
In den letzten Tagen hatte Res angedeutet, dass er in der Stadt gerne einmal vorbeischauen würde. Sein diskretes Werben stiess aber nicht auf grosse Begeisterung. Dieser Sache soll etwas nachgeholfen werden. Dafür brauchte er den Ballen aus feinstem Leinentuch. Damit wollte er die Gunst der Tochter auf seine Seite ziehen. Die Mutter davon überzeugen, dass auch der Res ein Herr sei, der sich etwas leisten kann. Doch kaum hielten die beiden Frauen das Tuch in ihren Händen, so wurde rasch zu Aufbruch geblasen. Schon am nächsten Tag reisten sie ab. Seine Nachfrage, ob er sie besuchen dürfe, wurde ausweichend beantwortet. Er ärgerte sich: Hier bin ich hereingelegt worden!
Wütend schnappte Res sich statt des Abendessens zwei Stück Brot und stürzte in den Wald. Mit einem Stecken (Holzstück) schlug er links und rechts des Weges mit aller Kraft auf die Bäume ein. Im Wirtshaus bestellte er einen ersten Liter Roten (roter Wein) und zum Schluss seines dumpfen Brütens waren drei davon durch die Kehle und dann ins Hirn geschossen. Stockbetrunken machte er sich auf den Heimweg. Diesen Weibern will ich es zeigen! Doch wohin er auch kam und blickte, nirgends war ein Weibsbild zu sehen. Wie wenn sich alle in Sicherheit gebracht hätten. Wer weiss, was sonst passiert wäre...
Am nächsten Tag reiste Res ab. Eine Kuh sei am kalben und er würde dringend gebraucht. Sein schneller Abgang würde spöttisch und teilweise mit Gelächter begleitet; und dieses hallte Res noch lange in den Ohren nach.

http://www.gurnigelbad.ch/



Wie Res vorging, damit ihm am Lebensabend nicht das Gleiche wie seinem Vater passieren konnte....
Zuhause machte sich Res wie vorher breit. Legte fast nie Hand an, kommandierte aber die ganze Familie herum. Dafür war er immer öfters in Huttwils Wirtschaften anzutreffen. Und Bäbeli wartete zu dieser Zeit lieber am Webstuhl, bis Res allein ins Bett fand und schnarchend eingeschlief.
Die Söhne wollten sich das Tun ihres despotischen Vaters nicht mehr länger gefallen lassen. Etwas musste gehen! Und eines Abend trat Ueli vor den Vater, der wie so oft angetrunken aus dem Wirtshaus zurückkam, und sagte: Willst Du uns zu dritt den Hof verkaufen? Zuerst war Res völlig überrascht, fing sich aber rasch und fragte, wer denn dabei mitmachen wolle. Andreas, Fritz und ich. Und die Ältesten (Hans und Jakob), fragte Res weiter. Die haben anderes im Sinn, erklärte Ueli. Ihr seid verrückt, brummte Res, bevor er sich im Stall verkroch.
Dies gab Res zu denken. Wollen die alle davonlaufen? Den Hof, und damit die viele Arbeit im Stich lassen? Und wie sieht meine Zukunft aus, wenn ich allein zurückbleibe? Res hatte einen Plan: Ich verkaufe den Hof und mit dem eigenen aus der Geldkassette kommt ein rechter Betrag zusammen. Für mich und Bäbeli sowie die jüngeren Kinder (bis diese auf eigenen Beinen stehen) verlage ich das Wohnrecht und freie Verköstigung bis ans Lebensende.
Bis zum Frühling trug er diesen Beschluss mit sich herum. Eines Abends ging er in den Stall und sagte: Am Sonntag machen wir den Handel. Res hatte alle Vorteile auf seiner Seite, seine Söhne mussten die Vorschläge wohl oder übel akzeptieren (1893/1894). Aber, sie vertrauten aber auf ihre Jugend und Schaffenskraft. Die hohen Lasten wären hereinzubringen. Res hingegen, obwohl nicht mehr Besitzer des Hofes, kommandierte wie eh und je und fand überall ein Haar in der Suppe.


Wie ein Unglück machte, dass die Gier von Res zurückkam und er neuen Unfrieden in die Familie brachte...
Bäbeli und die Kinder hatten sich eingerichtet, mit diesem Cholderi (ständig schlecht gelaunter Mensch) und Süffel (Trinker) auszukommen. Eines Morgens trat Fritz aus der Scheune, schwer mit Werkzeug beladen. Zusammen mit den Nachbarssöhnen wollte er den vor einigen Tagen begonnenen Brunnenschacht fertig graben. Bäbeli hätte ihn noch abhalten wollen: Es könne ein Unglück geben. Am Mittag kam die schreckliche Nachricht. Der Brunnen sei eingestürzt und hätte zwei Burschen begraben, darunter auch den Fritz. Bäbeli war in den nächsten Tagen wie versteinert. Auf dem Friedhof in Huttwil, wo Fritz in sein Grab gelegt wurde, konnte Bäbeli keine Träne weinen.

Buch: Hier kann es nicht stimmen, dass Bäbeli noch lebte, als sich das Unglück ereignete.
Der Sohn Fritz verstarb am 18.01.1895 in Gettnau, mit 26 Jahren. Bäbeli (die Mutter Elisbeth Loosli-Beer verstarb bereits am 25.01.1893 in Gettnau, mit 63 Jahren.

Der damals gegrabene Brunnen wurde später zu einem geschlossenen Schacht zur Fassung des Quellwassers umgebaut. Er ist immer noch in Betrieb.


Mit Fritz schied einer drei Vertragspartner aus. Die Söhne Ueli und Andreas glaubten nun, ihnen werde dieser Anteil zu gleichen Teilen übertragen. Doch weit gefehlt, Res wollte ihn zurück! Weiss der Kuckuck, was er sich davon versprach. Er ging sogar vor Gericht, um sich seinen Anteil zu sichern. Die Söhne gaben nicht nach, gerieten jedoch an einen unkompetenten Winkeladvokaten. Dieser schwaffelte zwar dauernd, wie gut es um die Sache stünde; brachte damit die Söhne dazu, ihre letztes Geld für den Rechtsstreit in die Hand zu nehmen. Das Gericht in Willisau gab jedoch dem Vater recht, er war wieder Teilhaber (2. Mai 1896 verschrieben)! Ueli und Andreas wollten dies nicht akzeptieren. Schlussendlich wurde der ganze Handel rückgängig gemacht. Res war nun wieder alleiniger Besitzer des Zanggerhüslis (wahrscheinlich auch 1896)!
Auskunft des Staatsarchivs Luzern, Anton Goessi (Besten Dank!)
- Kauf des Zanggerhauses durch Andreas Loosli: 1873 März 18 (ZG 2/3, S. 71ff.)
- Uebergabe an die drei Söhne: 1893 August 2 (ZG 2/6, S. 256) und 1894 März 17 (ZG 2/6, S. 304).
Tod von Elisabeth Loosli-Beer (Frau des Andreas): 25.01.1893 (René Loosli).
- Uebergang des Anteils von Friedrich
(+18.01.1895) an Vater Andreas: 1896 Mai 2 (ZG 2/6, S. 475)
- Verkauf des Zanggerhauses durch Ueli Loosli an Josef Künzli, Wirt in Nottwil: 1904 Juni 28 (ZG 2/8, S. 77).
(Sohn Friedrich Loosli, *02.12.1894, in Zell)
NB die Hypothekarprotokolle von Gettnau (Amt Willisau) tragen die Signatur ZG ../.. Falls sich das Bezirksgericht in Willisau mit diesem Fall beschäftigt hat, können Sie die betr. Urteilsprotokollbände auch bei uns einsehen: Signatur XG 9/43 ff.
Homepage(www.staluzern.ch)


Es reicht, sagen die Söhne Hans und Jakob, und machen sich auf nach Amerika...
Die Mutter wusste es vor dem Res. Die Söhne Hans und Jakob wollten in Amerika ihr eigenes Glück suchen. Als Res davon hörte, war er ausser sich. Es doch einfach gottlos, den alten Vater im Stich zu lassen, der sich jahrelang für seine Kinder Kinder aufgeopfert hätte. Wie sei er mit solchem Nachwuchs bestraft!
Harte Verhandlungen von Hans und Jakob waren nötig, damit Res ihnen wenigstens das Nötigste für ihre Reise und das neue Leben in Amerika mitgab. Bei ihrer Abreise war Res nicht dabei; er hatte sich ins Wirtshaus verzogen. Er wolle beim Ausrücken der jungen Ware, wie er sagte, nicht dabei sein. Hans und Jabok luden ihre Habseligkeiten auf den Wagen und machten sich, zusammen mit anderen jungen Leuten aus der Gegend auf nach Amerika. Bäbeli stand stumm unter Türe und sah zu, wie der Wagen davon rollte.
Schiff: France, von Le Havre. Arrival: 08.03.1883, Passengers: Jacob Losli (Age 22). John Losli (34?). Reiseziel: Fam. (H)Edinger?, Oregon?
Immigration John Losli Place: Oregon (Beaverdam?); Year: 1902; Primary immigrant: Loosli John (Johannes); Permanent entry number: 1392764; Accession number: 8578494; Source puplication code: 251.1; page: 134; Source publication: Balfour, Gyneth S. > "Washington County, Oregon, Index of Naturalizations". In Bulletin: Genealogical Forum of Portland, Oregon. Vol. 33:3 (Mar. 1894), pp. 125-136 (G-N); vol. 33-4 (June 1984), pp. 177-188 (N-Z). Source: Passenger and Immigration Lists Index.
Jacob Losli Found in: Germans to America, 1875-1888, Age: 22; Gender:  Male; Occupation Code: None; Country: Switzerland; Last Residence: Unknown; Final Destination: Unknown; Port of Embarcation: Havre; Manifest ID Number:  37181; Ship's Name: France; Date of Arrival:  08.03.1883.
Jacob Losli found in: Germans to America, 1500-1900s. Place: Oregon (Portland?); Year: 1902; Primary immigrant: Loosli Jacob; Permanent entry number: 1391875; Accession number: 8583183; Source puplication code: 251.1; page: 134; Source publication: Balfour, Gyneth S. > "Washington County, Oregon, Index of Naturalizations". In Bulletin: Genealogical Forum of Portland, Oregon. Vol. 33:3 (Mar. 1894), pp. 125-136 (G-N); vol. 33-4 (June 1984), pp. 177-188 (N-Z).

Aufgrund dieser Schilderung könnte es durchaus sein, dass diese unschöne Abschied ein Grund mehr dafür war, weshalb die «Amerikaner» sich nicht mehr selbst gemeldet haben. Ein Tanner-Loosli, ebenfalls ausgewandert, hat dann die Schweiz nochmals besucht und die Familienfotos von Jakob (nun Jacob Losli) mitgebracht. Noch unklarer ist, was mit Hans und der nachreisenden Tochter Barbara geschehen ist (laut Erzählung meines Vaters). Vielleicht ergibt sich trotzdem noch eine Spur...


Es reicht, sagen auch die übrigen Kinder und weisen Res in die Schranken...
Die übrigen mussten nun den Verlust der beiden Arbeitskräfte ausgleichen. Res trieb sie an, weil er sich Sorgen machte, dass es nun mit dem Wohlstand abwärts ginge. Geizig wie er war, durfte Bäbeli nur mit grünem, feuchtem Holz kochen und heizen. Wieder einmal bekamen die Söhne den Auftrag, solches Holz im eigenen Wald (ca. eine halbe Stunde von Haus entfernt) zu schlagen. Doch plötzlich stach sie der Hafer, regte sich ihr Widerstand. Mit Wut, Lust und Wonne schlugen sie zehn grosse Tannen um. Jede sollte mit Wucht auf das geizige Herz von Res krachen. Wie aus dem Boden gestampft, stand dieser mit hochrotem Kopf vor ihnen. Die Jungen erwarteten das üblich Donnerwetter. Doch heute war es anders. Res mahlte nur mit seinem Kiefer, brachte kein Wort heraus. Und langsam trat der Ueli aus der Gruppe der Jungen, die Axt in der Hand. Zwei Schritte vor dem Vater blieb er stehen, gut zwei Kopf grösser. Sein Blick sagte: Lass den Prügel fallen, Vater. Und dann setzte Res, ohne ein Wort zu sagen, einen schleppenden Fuss vor den andern, ging an den Söhnen vorbei, zurück ins Haus.
Unter den Brüdern herschte Totenstille. Kein Jubeln, dass sie dem Vater getrotzt haben. Kein höhnisches Gelächter, weil der grosse Res plötzlich so klein geworden war. Sie wusste nur eines: Der Bann war gebrochen! Im Zanggerhüsli begann es darum alsbald zu krachen, der Vater wurde kleiner, die Söhne und Töchter grösser! Die Jungen gingen auf Chiltgang (Brautschau), ob es dem Alten passte oder nicht. Und auch die Mädchen hatten ihre Augen offen. Zwar polterte der Res noch immer, wartete einmal mit dem Holzscheit unter dem Fenster von Vreneli. Hier wollte er dem Burschen abpassen, der mit einer Leiter in ihre Kammer gestiegen war. Doch die Mutter richtete die Sache. Res wurde mit dem Köbi (Trachsel?) einig, der Vreneli zur Frau wollte. Murrend musste Res eine kleine Mitgift herausrücken. Und schon bald wurde Hochzeit gefeiert. Rechte Freude wollte aber nicht aufkommen. Sicher auch, weil Res immer noch dachte, den Luzernern sei nicht zu trauen, und umgekehrt wurde wohl das selbe geglaubt. Vreneli zog dann zu Köbi auf die andere Seite der Luthern.

Die Wiese im Waldeinschnitt, wo Res sein Vieh vor dem Hochwasser in Sicherheit brachte. Die Luzerner wollten ihm dabei nicht helfen. Rechts nebem dem Einschnitt liegt das Waldstück, wo Ueli seinem Vater entgegentrat...

Das Haus, wo Verena und Köbi (Trachsel?) lebten, hinter den grossen Baum. Im Hintergrund rechts das Zanggerhaus.
Noch etwas weiter oben am Hang liegt der Brunnen, in dem der Sohn Fritz verschütttet wurde...



Das Ende von Bäbeli...
Schon bald nach dieser Heirat ist Bäbeli eines Morgens nicht mehr aufgewacht (20.09.1867, Datum kann nicht stimmen!!!). Sie hatte nicht zu leiden. Alle Kinder nahmen im Elternschlafzimmer Abschied. Für die Nacht wollte man Res das Bett in der Burschenkammer richten. Der lief jedoch allein aus dem Haus. Alle dachten wohl, jetzt geht er wieder ins Wirtshaus und kommt am Morgen stockbetrunken nach Hause. Schwankend und mit starrem Blick ging Res jedoch übers Feld und versuchte seine Gefühle in Ordnung zu bringen. Ueli fand den Vater am Morgen schlotternd auf der Ofenbank in der Stube. Im Nachthemd mit der kalten Pfeife in der Hand. Ohne Worte holte Ueli Kleider aus der Kammer der Eltern. Die Schwestern sollen ob des Anblicks nicht erschrecken. Bevor der Pfarrer ins Haus kam, betete Res am Totenbett von Bäbeli laut mit seinen Kindern. Dann schritt man hinter dem Sarg gegen Huttwil, um Bäbeli zu beerdigen. Zur Trauergemeinde stiess auch die Gotte Marie und hat den Res lange anschaut. Res wusste wohl, weshalb...


Sohn Andreas zieht ins Guggihus, Ueli bleibt auf dem Zanggerhus...
Obwohl Bäbeli nicht mehr da war, herrschte bei allen das Gefühl, sie schaue ihnen über die Schulter. Am wenigsten hielt dies Res aus. Und schon bald rief er seine Söhne Ueli und Andreas in die Stube, unterbreitete ihnen einen unterschriftsreifen Vertrag, das Zanggerhaus soll ihnen gehören. Hier halte ihn nichts mehr und die Söhne müssten auch nicht für seine Unkerkunft und Kost aufkommen. Ueli und Andreas unterschrieben, waren nun frei, ihre Wege zu gehen. Andreas wollte nicht auf dem Hof bleiben. Er wollte Mädchen heiraten, dessen Hof eine halbe Wegstunde (Guggihus) entfernt lag. Dieses Gut könne er später übernehmen und sein eigener Meister werden. Ueli wurde damit alleiniger Besitzer des Zanggerhüslis. Und wie die übrigen Kinder zu ihrem Erbe kommen, war bereits im Vertrag mit Res festgelegt worden. Man wartete nur noch mit diesen Schritten, bis der Res vom Hof wegging.

Das Guggihus in Gettnau...

...wird demnächst abgerissen (März 2003)



Das Ende von Res...
Zuerst kroch sich Res bei seiner Tochter Vreneli unter. Er hockte während dieser Zeit stundenlang in der Wirtschaft, wo er über die undankbaren Kinder wetterte und schwor, ihnen die Hartherzigkeit schon noch zu vergelten. Lange liess sich die erneute Sauferei nicht verbergen und als ihn dann noch fremde Leute nach Hause brachten, riss dem Köbi der Geduldsfaden: Er warf ihn kurzerhand aus dem Haus.

Danach führte Res ein unstetes Leben, tauchte da und dort auf. Die Leute nahmen ihm ein paar Franken fürs Essen und Schlafen ab. Sie liessen ihn schwatzen, bis er sich wieder in Dinge einmischte, die ihn nichts angingen. Da schob man ihn weiter. Geld hatte er und so fand er immer wieder einen Unterschlupf. Im Zanggerhüsli liess er sich nur blicken, wenn er in seiner Kiste auf dem Dachboden, wo die restlichen Habseligkeiten lagen, wühlen wollte. Und pünktlich war er zur Stelle, um seine Zinsen abzuholen.

Als einmal der Zinstermin seit über einer Woche fällig war, suchte Ueli, auf Drängen seiner Frau, nach seinem Vater. Ganz am andern Ende des Dorfes lag Res in einer schmutzigen Kammer bei armen Leuten. Er war krank. Mit gichtgeschwollenen Hände und Wasser in den Beinen lag er im Bett. Am nächsten Monatsersten tauchte er aber wieder im Zanggerhüsli auf. Im übrigen verlor er kein Wort.

Am nächsten Monatsersten brachte Res Fotografien mit seinem Bild mit, die er in Huttwil hatte machen lassen. Darauf sass er auf einem Holz-Bänklein, das aber wie Stein aussah. Einen Arm hatte er auf den Tischlein gestützt, worauf ein dickes Buch lag, möglicherweise die Bibel. Von diesem Bild brachte Res ein ganzes Bündel, für jedes Kind eines. Dass man wenigstens später wisse, wie der Vater ausgesehen habe, brummte er.

Der Sommer ging zu Ende. Res holte seinen Zins wieder nicht, einen Monat lang und auch im zweiten Monat erschien er nicht. Ueli hatte nun keine grosse Lust mehr, den Vater zu suchen. Eines Tages stand dann eine keifende Frau auf dem Hof. Ob man den alten Res einfach zugrunde gehen lasse wolle, wie ein Stück Vieh, rief sie. Der Res will euch sehen! Ueli wehrte ab: Es seien noch andere da, die sich um ihn kümmern könnten. Ich kann meine Kühe nicht alleine lassen. Die Frau entgegnete jedoch: Deine Schwester Verena schickt mich. Ihr Mann Köbi will nicht, dass sie noch etwas für den Res tut.

Auf dem Weg zur Kammer, wo Res nun wohnte, keifte die Frau unentwegt weiter. Seit einiger Zeit wohne nun der Res bei ihr. Das mit der Sauferei sei ja noch gegangen. Aber als er wieder Alteisen angeschleppt und das ganze Haus mit alten Gerümpel verstellt hätte, da sei es ihr dann doch zuviel geworden. Sie hätte auch schon lange zu ihnen kommen wollen. Res hätte jedoch stets vehement abgelehnt. Nur sei er aber so schwach, dass er sich nicht einmal mehr wehren könne.

Ueli stieg in die winzige Kammer hoch. Die Luft roch muffig und er riss das kleine Fenster auf. Auf dem Bett lag eine Gestalt, mit kalten Schweiss auf der Stirne und machte seine letzte Buchhaltung. Verbissen ging er Posten für Posten seines Vermögens durch.

Obwohl Ueli allen Grund gehabt hätte, kein Erbarmen mit dem Vater zu haben, ging er nach unten und verlangte Wasser und ein Tuch. Er begann seinen Vater zu waschen, der seit Wochen kein Waschwasser mehr gesehen hatte. Beim Abschied winkte ihn Res nochmals zu sich, brachte aber nur unverständliche Brocken hervor. Ueli sagte kein Wort darauf.

Ich komme wieder, sagte Ueli unsicher und überlegte: Soll ich einen Arzt rufen? Aber Res hätte dies schon lange selbst tun können, Geld hat ja immer noch genug. Er hat seinen Grind (Kopf) immer durchgestiert, soll er dies jetzt doch auch tun! Auf halber Treppe kehrte er jedoch um und stieg wieder in die Kammer zum Vater. Er wollte dem Vater zum Abschied noch die Hand drücken, wie dies die Leute gewöhnlich tun. Im Stillen soll dann Ueli ein Vaterunser gebetet haben. Und als er dann die Hand von Res ergriffen habe, sei kein Leben mehr darin gewesen...

Gettnau: Die Kapelle am andern Ende des Dorfes: Im hintern Haus (zum Verkauf, März 2003) könnte Res gestorben sein...

...oder in diesem Haus, das auf der andern Strassenseite
der Kapelle liegt (dafür gibt es aber keine Belege!)



Epilog
Beerdigt wurde Res wahrscheinlich im nahen Willisau; es wäre aber auch möglich, dass er auf den Friedhof in Huttwil getragen wurde. Ueli hat später das Zanggerhaus verkauft und ist nach Zofingen (Haus Bleike) gezogen. Verkauf des Zanggerhauses durch Ueli Loosli an Josef Künzli, Wirt in Nottwil: 1904 Juni 28.

Tochter Bäbeli (Barbara) sei später den Brüdern Hans und Jakob nach Amerika (Oregon?) nachgereits und hätte ihnen den Haushalt besorgt.
Tochter Karoline hat nachher Samuel Loosli aus Wyssachen geheiratet. Deren Tochter Ottilia (meine Grossmutter väterlicherseits) hat dann den Sohn von Ueli (Cousin Friedrich) geheiratet.Der Sohn Rudolf (Ruedi, Pate von Armins Bruder Fritz) war zuerst Pächter eines Landwirtschaftsbetriebes in Kloten, später im «Hinteren Pfannestiel» in Meilen am Zürichsee. Er schien ähnliche Talente (z.B. berechnend) wie Res gehabt zu haben. Er wurde wohlhabend; sei als Privatier später von Baar oder Steinhausen (Kanton Zug) jede Woche mit Bregg (eleganter Wagen) und Pferd nach Zürich an die Börse gefahren.
Was aus dem Sohn Daniel geworden ist, ist unbekannt.

Stand: 01.04.2003

Uelis Familie und wie es weiter ging...

Das Leben von Ueli schien unsteht gewesen zu sein. ich werde versuchen, mehr über diese Familiengeschichte herauszufinden (René Loosli).

Irgendwie schien aber die Familiengeschichte noch nachzuwirken (Erzählungen meines Vaters).

Der folgende Abschnitt (Wie es mit Adolf und Paul Loosli weiterging, die nach Deutschland emigrierten, wird auf Wunsch von Herbert Loosli abgedeckt).

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX

Mein Grossvater Fritz (Friedrich) hat eine Cousine geheiratet (Ottillia, von Wyssachen, Tochter von Karoline, und diese wiederum Tochter des Res). In dieser Familie traten Ereignisse zu Tage, deren Wurzeln wohl ebenfalls weit in die Vergangenheit zurückreichen. Die Gärtnersfamilie brachte es zu einigem Wohlstand, zuletzt besass sie einen grossen Betrieb auf dem Mutschellen.

Mein Vater, als jüngerer der beiden Söhne, entschloss sich auf Drängen der Eltern zu einer Gärtnerlehre, die er in Horgen absolvierte. Nach seiner Ausbildung, wiederum auf deren Drängen, arbeitete er dann im eigenen Betrieb; erfolgreich, aber ohne Lohn. Die Eltern hatten ihm versprochen, er könne den Betrieb einmal übernehmen.

Im nahen Eggenwil lernte er dann seine Frau, Hedy Hunziker, kennen. A rmins Eltern sahen diese Verbindung nicht gerne. Ihre Meinung taten sie in liebloser, ja grob beleidigender Art und Weise kund. Es war daher nur zu verständlich, dass Hedy sich enttäuscht und unmissverständlich dazu äusserte: «In diesem familiären Umfeld sei es ihr unmöglich, eine eigene Familie zu gründen. Dieses religiöse Getue gepaart mit dieser lieblosen Ablehnung seien beängstigend und ihr unheimlich.»

A rmin hat in diesem religiösen Zirkel nie mitgemacht und hatte seine diesbezügliche Ablehnung nie verheimlicht. Er hoffte weiter auf eine gemeinsame Zukunft mit Hedy im dem ihm versprochenen Gärtereibetrieb. Gerade, weil er sich diese Zukunft anders vorstellte: Sein Ziel war es, ein offenherziges und freundliches Gartencenter auf dem Mutschellen aufzubauen, mit vielen Blumen und mit Hedy! Überall, wo wir später wohnten, gehörte ein schöner Garten dazu; mit vielen Blumen. Dieser Liebe zum fruchtbaren und farbenprächtigen Garten blieben Hedy und Armin immer treu.

Mein Vater verhielt sich, trotz dieser unschönen Erlebnisse, gegenüber den Eltern weiterhin loyal. An seine Zukunftspläne glaubte mein Vater bis zu jenem Tag, als diese in totaler Verachtung seiner Treue zur Familie und seines Einsatzes für den Betrieb die Bemerkung fallen liessen: «Wir könnten es eigentlich viel schöner haben, wenn wir nicht mehr für Dich sorgen müssten, A rmin!» Damit war der Zapfen ab! Dies wollte mein Vater auf keinen Fall: Seinen Eltern auf der Tasche liegen. Noch weniger, dass diese das Gefühl haben, sie müssten für ihren Sohn sorgen. Eigentlich eine völlig abstruse Umkehr der Tatsachen: Mein Vater hatte damals mit grösstem Einsatz gearbeitet, den Gemüseverkauf an Grossisten in Zürich aufgebaut, das Geschäft mit Erfolg vorwärts gebracht.

Für meinen Vater war der Zeitpunkt gekommen, seine Zukunft selbst in die Hände zu nehmen, nochmals von vorne zu beginnen, das Projekt «Gartencenter» fahren zu lassen. Er zog aus; mit 200 Franken im Sack als Startkapital für das Zimmer in Zürich. Erst später erhielt er für zehn Jahre Arbeit im elterlichen Betrieb 10'000 Franken Lidlohn; nicht ganz freiwillig. Die Eltern hingegen, verkauften Ihre Gärtnerei Stück für Stück. Im Bann einer Sekte, erhielten wohl auch diese Leute ihren Anteil; wahrscheinlich wurde den Eltern dafür das Seelenheil versprochen. Darum wurde das Land der Gärtnerei Stück für Stück verkauft; am Schluss war nichts mehr vom ehemals grossen Betrieb übrig. Und fast wie der Ueli wurde mein Vater dann ans Sterbebett seiner Mutter gerufen (der Vater Fritz war schon vorher gestorben). Die Mutter von A rmin konnte nichts mehr sagen, war zu schwach dafür. Es war ein Abschied ohne Worte...

In unserer Familie ging es anders weiter. Durch die Abkehr von seiner Familie musste das junge Ehepaar ganz von vorne beginnen. Dies war nicht immer leicht! Mein Vater liess die alten Geschichte hinter sich, ohne jemals schlecht über seine Familie zu reden, kümmerte sich um seine eigene Familie. Zuerst als Gärtner, dann als Mitarbeiter der Huber AG (heute Huber+Suhner) in Pfäffikon ZH und zum Schluss bei der Sulzer AG, Verfahrentechnik, in Winterthur. So entstand im Laufe der Jahre bescheidener Wohlstand: Das erste Auto kam (R 4), dann konnte das Haus in Wallenwil-Eschlikon TG gekauft werden (Dafür erhielt Armin ein kleines, zu verzinsendes Darlehen seiner Eltern, das ihm später an sein Erbe angerechnet wurde). Noch später kam ein kleines Häuschen im Tessin (Bogno) dazu.

Bei uns zuhause wurde viel am Familientisch geredet. Alles Mögliche, auch Philosophisches, war Gegenstand von engagiert geführten Diskussionen. Man suchte und verteidigte den Sinn hinter der Sache. Mein Vater und ich (und wohl auch meine Geschwister) waren uns dabei nicht immer einig, das Gespräch wurde aber deswegen nicht abgebrochen.

Vater war sparsam. Uns Kindern war damit später geholfen. Mir und Romy, als wir 1980 unser Haus kaufen wollten, die letzen Franken zusammenkratzten und es trotzdem nicht ganz reichte. Gleich ging es auch... Und als das Haus in Wallenwil verkauft wurde, ist das Geld unter die Kinder aufgeteilt worden. Danke! Das Berner Erbrecht ist rehabilitiert!

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Meine Grosstante Sonja Loosli, Tochter des Adolf Loosli (*1909) schrieb am 27. April 2003 ins Gästebuch

Lieber René, Ich komme sehr, sehr gerne an das Familientreffen. Bin total neugierig darauf, Euch kennenzulernen. Ich habe sehr viele Familiengeschichten von meinem Vater erzählt bekommen. Und ich wusste auch, dass ich einige Cousinen oder Cousins habe, die ich leider nie kennengelernt habe aufgrund des grossen Altersunterschiedes. Denke nur, Dein Vater, der ja mein Cousin ist, ist nur 5 Jahre jünger als meine Mutter (Jg.1920).

Von meinem Vater und seinem Bruder Karl weiss ich, dass seine Mutter, Marie Loosli Anliker 16 Jahre alt war, als sie Ulrich Loosli heiratete der zur Zeit der Hochzeit 21 Jahre alt war. Die Hochzeit war 1893. Ich habe ein Foto. Sie musste 18 Kinder austragen und starb im Alter von 38 Jahren (verblutete) bei der Geburt des 18. Kindes (vermutlich Plazenta previa) im Spital. Mein Vater war zu dieser Zeit etwa 4 oder 5 Jahre alt. Das Bild von ihr, welches auch Du ins Internet gestellt hast (weisse Bluse, langer dunkler Rock) ist kurz vor ihrem Tod aufgenommen worden. 8 der 18 Kinder überlebten die ersten Jahre nicht. Einige starben unmittelbar nach der Geburt andere im Kleinkindalter.

Von Deinem Grossvater (Fritz) weiss ich nicht sehr viel. Ich habe ihn leider nie kennengelernt. Ich weiss nur, dass er und seine Frau Ottilie (da sind sie wieder, diese Erzählungen) religiöse Ambitionen hatten, die nicht auf sehr viel Gegenliebe in der Familie gestossen sind. Er war, soviel ich weiss, der Einzige, mit dem mein Vater nur noch sehr wenig Kontakt hatte.

Die anderen Brüder und Schwestern habe ich alle noch gekannt und sehr gemocht. Es waren alles durchwegs sehr liebenswerte, wenn auch spezielle Menschen. Da war Onkel Rudolf mit seiner Frau Rosa (?). Er lebte in oder bei Burgdorf (müsste ich nochmals nachfragen) und hatte einen Sohn, den ich anlässlich des 80. Geburtstages von Rudolf kennenlernte. Ich war damals 14 und der Sohn von Rudolf bereits über 60. Dieser Sohn hiess ebenfalls Rudolf und ist kurze Zeit später mit seiner Frau nach Spanien ausgewandert. Ich denke nicht, dass er noch lebt und ich weiss nicht, ob es noch andere Kinder gab. Müsste ich meine Mutter fragen.

Ebenfalls in Burgdorf wohnte Karl Loosli, der ja dann auch das Buch "Res und Bäbeli" aufgrund von Erzählungen einer alten Tante geschrieben hat bzw. hat schreiben lassen. Ich habe dieses Buch vor Jahren bei der Landesbibliothek angefodert, gelesen und kopiert. Karl war verheiratet mit Lisa Loosli-?. Sie hatten eine Tochter, die im Alter von 10 Jahren auf ganz tragische Weise an Diphterie erkrankte und verstarb (eine Nachbarin setzte anscheinend absichtlich das Mädchen ans Krankenbett ihrer Tochter), was wiederum Karl und Lisa in eine Lebenskrise geworfen hatte. Sie wollten beide gemeinsam aus dem Leben scheiden (sie wollten sich in der Aare ertränken) und sind anschliessend für einige Zeit in psychiatrischer Behandlung gewesen. Lisa konnte keine Kinder mehr bekommen. Sie war eine kleine, zerbrechliche Person. Sie haben sich jedoch wieder gefangen und ein Mädchen adoptiert. Diese Frau (Trudi Dähler-Loosli) lebt mit ihrem Mann in Wynigen/BE.

Karl Loosli hat übrigens auch Stammbaumforschung betrieben, welche sich im Besitz von Trudi befindet. Von ihm habe ich die Fotos bekommen und auch viele Erzählungen. Karl war übrigens nebenbei auch Kunstmaler. Von ihm habe ich die Adresse eines amerikansichen Grossonkels bekommen, mit welchem ich dann kurz mal schriftlichen Kontakt hatte. Dieser ist jedoch ziemlich bald nach unserem ersten Schriftwechsel gestorben. Seine Kinder haben mir einen Nachruf geschickt.

Lina Loosli wohnte in Oberburg und heiratete einen Fankhauser (oder Frankhauser), hatte selbst jedoch keine Kinder. Marie Loosli wohnte ihn Würenlos war mit einem Huwyler verheiratet und hat meines Wissens eine Tochter names Silvia, deren Adresse ich von meiner Mutter noch erfahren könnte. Rosa Loosli wohnte in Zürich in der Kanzleistrasse. Den Namen ihres Mannes müsste ich bei meiner Mutter erfragen. Sie hatte auch 2 oder 3 Kinder, deren Namen ich jedoch nicht kenne. Ernst Loosli habe ich nie kennengelernt. Von ihm weiss ich nichts. Evtl. wüsste meine Mutter mehr.

Dann waren da noch die Zweieiigen Zwillingen Paul und Werner. Paul ging ja wie du weisst auch nach Deutschland und für Deutschland nach Russland. Er brachte von dort seine Frau Taissa mit und lebte mit ihr und seinen 5 Kindern (4 Mädchen und 1 Sohn) in Nürnberg. Sein Sohn (Herbert Loosli, ca. 52 Jahre) wohnt heute in der Lüneburger Heide. Seine Adresse ist mir bekannt.

Werner Loosli lebte in Basel. Er verstarb im Alter von ca. 64 an Leukämie. Er hatte zwei Kinder aus erster Ehe (einen Sohn dessen Name mir entfallen ist und eine Tochter namens Laila) und war in zweiter Ehe mit Marlies Loosli-? verheiratet und hatte mit ihr einen Sohn (Ruedi). Dieser lebt noch immer in Basel und dürfte heute etwa 53 Jahre alt sein. Und dann war da eben noch mein Vater.

Adolf Loosli, von dem ich logischerweise am meisten weiss. Als er 4 oder 5 Jahre alt war starb seine Mutter Marie bei der Geburt des 18. Kindes (s.o.). Sein Vater Ulrich hatte bereits nach kurzer Zeit eine Liaison mit einer Wirtin und verbrachte die meiste Zeit in deren Beiz. Mit der Erziehung der noch kleineren Kinder war er natürlich überfordert. So wurden die Kinder verteilt. Mein Vater kam zu einem Onkel (er nannte ihn nur Onkel, den Namen kenne ich nicht). Er musste auf dessen Hof als "Verdingbueb" zum Teil schwere Arbeit leisten und wurde geschlagen. Die Tante war auch keine Unterstützung. Nur der Grossvater, welcher auch auf dem Hof lebte, hielt ab und zu schützend die Hand über ihn. Die Fürsprache eines Lehrers, Adolf doch auf eine höhrere Schule zu schicken, liess der Onkel abblitzen. Dies hatte mein Vater übrigens bis ins hohe Alter nicht verdaut. Er war - wie alle Looslis, die ich kennengelernt habe, sehr intelligent und musisch veranlagt. Auch er malte sehr schöne Landschaftsbilder (Kohle) und war sehr musikalisch.

Später dann, als er alt genug war flüchtete er vom Hof des Onkels. Sein Lebensweg führte ihn vor lauter Aussichtslosigkeit in der Schweiz dann tatsächlich nach Deutschland, wo er sich, wie viele andere auch, eine Chance erhoffte. Und es war schon so, dass er kaum, dass er in Russland war, seinen Fehler bemerkte. Er erzählte mir, dass man ihnen bei der Rekrutierung sagte, sie zögen jetzt in ein Land voller Barbaren aber er sei angekommen und hätte Menschen getroffen. Er hat dieses Land und seine Menschen in kürzester Zeit sehr schätzen gelernt. Diese Menschen dort haben ihm auch geholfen zu überleben und er war Zeit seines Lebens ein grosser Freund der russischen Mentalität. Er wäre gerne dort geblieben, was aber aus bekannten Gründen nicht möglich war. Er kam wieder nach Deutschland zurück und konnte bis im Jahr 1958 nicht mehr in die Schweiz. Er wäre sofort als politischer Straftäter verhaftet worden, weil er die Schweizer Armee unerlaubt verlassen hat. Er hat seine Heimat in dieser Zeit sehr vermisst.

1952 heiratete er meine Mutter, Paula Zolg. Sie war geschieden und hatte 4 Kinder. Er war bereit, mit ihr die grosse Familie mitzutragen. 1958 ereigneten sich zwei Dinge die ihn sehr bewegten. Er durfte das erste Mal nach langer Zeit wieder in seine Heimat reisen ohne mit Repressalien rechnen zu müssen und unplanmässig kam ich auf die Welt. Er war bereits 49 Jahre alt.

Er war ein sehr aufrechter, ehrlicher Mensch und liebte Kinder über alles. Ein Sohn eines Zürcher Bekannten hat einmal zu mir gesagt: "Sonja, wenn dein Vater nicht gewesen wäre, wären wir wohl alle verhungert. Wenn er einmal von dieser Welt muss ist das für mich schlimmer, als wenn mein eigener Vater gehen muss." Mein Vater lebte als zufriedener, sehr ausgeglichener und gütiger Mensch und von allen "seinen" Kindern geliebter Vater in einer Kleinstadt in Süddeutschland (Blumberg/Baden) und starb am 22.10.1998 im Alter von 89 Jahren.

Leider waren Dein Grossvater und er sich wohl nicht sehr hold und dies hat natürlich auch die Aussagen des einen über den anderen beeinflusst. Uebrigens war ich mal vor Jahren mit ihm in Zofingen. Er hat mir sein Elternhaus gezeigt. Vergangenes Jahr bin ich nach Eriswil und habe dort nach dem Gasshaus gesucht. Leider vergebens!

Ich selbst bin seit 1978 wieder in der Schweiz bin geschieden und lebe mit meinen 3 Kindern (Diana, 19, Andreas, 16 und Fabio, 14) in Schaffhausen, bin berufstätig (Kauffrau), leite einen Rock-Pop Chor in Schaffhausen (www.active-voices.ch). treibe sehr viel Sport und interessiere mich seit langer Zeit sehr für die Geschichte unserer Familie.

Ich finde es drum ganz toll, dass du diese Stammbaumforschung betreibst. Wenn ich dir irgendwie weiterhelfen kann, tue ich das gerne. Bis ich auf deine Homepage gestossen bin, wusste ich zwar, dass ich in der Schweiz wohl noch einige Verwandte habe, aber ich hätte nie gedacht, dass ich diese mal kennenlernen würde. Ich freue mich sehr darauf!

Liebe Grüsse aus Schaffhausen Sonja Loosli

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